Wie wird aus einem lebensfeindlichen Standard-Garten ein blühendes Paradies für tausende Insekten und Wildblumen? Ganz einfach: Anpacker wie Ernst Denzler müssen ihre Liebe zu den Wildbienen entdecken. Hier ist seine unglaubliche Geschichte.
Beim ersten Anruf hat er gerade keine Zeit: Ernst «Aschi» Denzler steht mit Schleifpapier und Leinöl im Garten und macht seine BeeHomes winterfest. «Wenn man sie so behandelt, sehen sie auch nach Jahren Vollbelegung wieder wie neu aus», empfiehlt der Wildbienen-Fan aus Othmarsingen im Kanton Aargau. Aber die Pflege brauche halt seine Zeit. Er habe ja immerhin 16 BeeHomes, 5 BeeHomes Observer, mehrere BeeSummer und ein großes BeeHome Diversity.
Vier Stunden später hat Aschi die Ruhe, ausführlich zu erzählen: Wie er auf die Wildbienen gekommen ist, warum er seinen Garten in ein großes Paradies für Insekten und andere Tiere verwandeln wollte und weshalb ihm der Garten-Kaffee ganz früh morgens am besten schmeckt.
BeeHome ist der Startschuss zum Gartenumbau
Ernst Denzlers Geschichte ist ein bisschen verrückt. Ein einziger Tag in Zürich hat ausgereicht, um aus einem ganz normalen Gartenbesitzer einen tatkräftigen Wildbienen-Helden zu machen. «2013 hörte ich auf dem Weg nach Zürich von dem Startup Wildbiene + Partner, und am selben Abend begeisterte mich ein Vortrag von dem Wildbienenexperten Paul Westrich», erzählt Denzler. Die Botschaft kommt an: Wildbienen brauchen Hilfe. Er bestellt gleich am nächsten Tag sein erstes BeeHome – und ist schwer enttäuscht. Nach zwei Wochen sind alle geschlüpften Mauerbienen verschwunden. Aschi greift gleich zum Telefonhörer. «Ich wollte mich bei dem Gründer Claudio beschweren, dass das BeeHome ja gar nicht funktioniert», lacht Denzler. Bei diesem Telefonat geht Aschi dann schnell ein Licht auf. «Claudio fragte mich, welche Pflanzen ich im Garten habe. Und da fiel es mir gleich auf: Die Bienen hatten bei mir ja gar nichts zu essen», erinnert sich Aschi an das Gespräch.
In Ernst Denzlers Naturgarten fühlen sich nicht nur Insekten wohl. Hier sieht man einige der vielen tierischen Bewohner in der grünen Oase in Othmarsingen. Bilder: Ernst Denzler
Insektenparadies statt Gemüsebeet
Andere pflanzen nach so einer Erkenntnis dann in einer Ecke insektenfreundliche Wildblumen oder lassen einen Teil des Rasens wild blühen. Ernst Denzler reichte das nicht. Sein ganzer Garten, auch das ungeliebte Gemüsebeet, sollte ein blühendes Paradies für Wildbienen werden. Er verschlingt Bücher über Naturgärten, plant und legt los. «Ich habe die alten, nutzlosen Pflanzen rausgerissen, alles umgegraben und neu angelegt. 5 Kubikmeter Kies mit der Schaufel verteilt, grosse Steine mit dem Auto angekarrt», berichtet Denzler.
«Ich habe die alten, nutzlosen Pflanzen rausgerissen, alles umgegraben und neu angelegt.»
Dann setzt er – eine nach der anderen – Wildblumen, auf denen Insekten Pollen und Nektar finden. Und dann blüht das 1000 Quadratmeter grosse Grundstück auf. Aus einem einzigen BeeHome werden über 20 mit lebensfrohem Gesumme von Frühling bis Sommer.
Für die Bienen fängt Aschi auch Streit mit seiner Frau an
Den Rasen mäht er vorerst noch. Aber irgendwann hat er von diesem blütenlosen Grün genug. «Eine Woche habe ich mit meiner Frau rumgestritten wegen dieser nutzlosen Fläche. Jetzt ist dort eine lebensfrohe Wiese», freut sich der eigensinnige Insektenfreund. «Ich finde Bienen einfach grandios. Was die leisten! Den ganzen Tag fliegen die rum und sammeln Pollen und Nektar. Ich könnte Insekten den ganzen Tag bei der Arbeit zuschauen.»
Und so verwandelt Aschi seit 2013 seinen Garten Jahr für Jahr weiter in ein Paradies für die summenden Bestäuber. Erst achtet er vor allem auf Wildbienen und Honigbienen, dann fallen ihm immer mehr Hummeln und Schmetterlinge auf. «Es ist der Wahnsinn, wie sich der Garten entwickelt hat. Ich sehe hier jetzt überall Insekten», freut sich der 74-Jährige, den die imposante Blauschwarze Holzbiene am meisten beeindruckt. Das Grundstück ist längst auch Lebensraum für viele andere Tiere: Marder, Igel, Spinnen, Frösche, Spechte. «Heute haben wir hier Vögel, die ich nie zuvor gesehen habe», erzählt Aschi.
Aschis ausgezeichnetes Naturparadies
Die Arbeit geht ihm nie aus. «Wenn meine beiden Enkel vorbeikommen, müssen sie den Opa erst beim Jäten oder Buddeln zwischen all den Pflanzen im Garten suchen», sagt der umtriebige Aargauer, dem damals schon sein Berufsberater einen grünen Beruf empfahl.
Aschi zeigt gerne, was sich in seinem Naturgarten tut. Auf seiner Homepage, auf Facebook und Instagram lädt er interessante Filme und viele Fotos hoch, die Lust auf summende Natur vor der Haustür machen. Bei der SRF Initiative für mehr Biodiversität Mission B schafft es seine grüne Oase sogar bis in den Trailer. «Ich war schon baff, als ich dann eine Woche lang meine eigene Schubkarre im Fernsehen sah», lacht er. Die Naturgarten-Organisation Bioterra hat den Garten ausgezeichnet, die Naturschützer von Pro Natura stufen ihn als Naturparadies ein. Mittlerweile kommen Schulklassen hierher, um Denzlers Tier- und Pflanzenparadies zu erleben. Vielleicht bietet er ab 2022 sogar Führungen an.
Aber so bereitwillig Aschi seine grüne Oase und die Begeisterung für Bienen mit anderen Menschen teilt: besonders gerne geniesst er seine Oase doch allein. Ganz früh am Morgen, vor dem Gartenhaus mit einem duftenden Kaffee in der Hand. «Diese Ruhe ist einfach herrlich.»
Ernst «Aschi» Denzler
Sein Berufsberater sagte Ernst Denzler als Schüler: Du kannst Förster werden. Stattdessen lernte er Elektromonteur, bildete sich auf der Ingenieurschule weiter und arbeitete lange als Projektleiter. Mit seiner eigenen Firma hatte er weniger Erfolg und fand schliesslich als Ruheständler doch noch in eine grüne Branche: als Hobbygärtner auf dem eigenen Grundstück. Neben der Gartenarbeit liebt er noch ein anderes Hobby: Fotografieren – man sieht es an der gut bestückten Bildergalerie auf seiner Homepage. Ernst Denzler lebt mit seiner Frau in Othmarsingen (Kanton Aargau). Er hat zwei erwachsene Kinder und zwei Enkelkinder.